Vor etwa 100 Jahren wurde das Sackbrutvirus als erstes Bienenvirus entdeckt. Sackbrut ist gut an den eindeutigen Krankheitsanzeichen zu erkennen (siehe Steckbrief). Daher war es auch mit den damaligen Mitteln möglich, diese virale Krankheit zu beschreiben. Inzwischen wurden mehr als 20 Bienenviren entdeckt und in der Literatur beschrieben.
Nicht alle der beschriebenen Viren lösen typische Krankheitsanzeichen aus oder verursachen erkennbare Schäden an den betroffenen Völkern. Manche davon sind, wie zum Beispiel Sackbrut, ebenfalls gut an ihren Krankheitsanzeichen zu erkennen. Andere wiederum haben keine typischen Krankheitsanzeichen, schädigen die Völker aber dennoch schwer. Bei wieder anderen Viren wissen wir noch nicht, ob sie überhaupt in der Lage sind, Krankheiten auszulösen oder nicht.
Wir konzentrieren uns daher in diesem Artikel auf fünf Viruskrankheiten, die für die Bienenhaltung in Österreich von Bedeutung sind. Diese werden auch in Form von Steckbriefen in einem weiteren Beitrag vorgestellt (hier zu finden):
- Akute Bienenparalyse Virus (ABPV)
- Chronische Bienenparalyse Virus (CBPV)
- Flügeldeformationsvirus (DWV)
- Sackbrutvirus (SBV)
- Schwarzes Königinnenzellen Virus (BQCV)
Ganz zu Beginn wollen wir mit einem häufigen Missverständnis aufräumen. Ein Bienenvolk, in dem ein Virus nachgewiesen wurde, ist nicht automatisch ein krankes Volk. Hier kann man durchaus Parallelen zur gegenwärtigen Coronavirus Pandemie des Menschen ziehen, denn viele infizierte Bienenvölker sind asymptomatisch und fallen daher nicht als krankes Volk auf. Viren können versteckt und ohne Symptome in geringer Anzahl in einer gesunden Biene vorkommen. Erst, wenn die Biene durch andere Faktoren wie die Varroamilbe, Nahrungs- oder Wassermangel oder andere ungünstige Umweltbedingungen gestresst wird, bricht die Viruserkrankung aus. Dann werden erste Symptome bei Bienen oder Larven sichtbar. Je mehr Bienen oder Larven im Volk erkranken, desto schwerwiegender sind die Auswirkungen auf die „Vitalität“ bzw. Leistungsfähigkeit des Volks, was sich natürlich auch auf den Ertrag des Imkers auswirkt.
Nachweis von Bienenviren – zwei Testverfahren mit großen Unterschieden
Die Gewissheit über das Vorkommen bzw. die ebenso wichtige Freiheit eines Bienenvolks von einer Viruserkrankung erhält man nur durch einen empfindlichen, spezifischen Nachweis. Bei Bienenviren können derzeit hauptsächlich zwei Testmethoden angewandt werden: eine PCR (Abkürzung für Polymerasekettenreaktion) zum Nachweis der viralen genetischen Information oder ein ELISA (Enzyme-linked immunosorbent assay) zum Nachweis von Virusproteinen. Sie unterscheiden sich grundlegend voneinander und bieten verschiedene Vor- und Nachteile. Beide Tests weisen zudem nicht notwendigerweise infektionsfähiges Virus nach. Dieses lässt sich nur durch aufwendige und teure Infektionsversuche an Zellkulturen, lebenden Bienen oder deren Brut nachweisen und spielt für die Routinediagnostik keine Rolle.
Der überragende Vorteil der PCR ist, dass sie sehr empfindlich ist und bereits kleine Virusmengen nachweisbar sind. Leider ist das Verfahren aufgrund der benötigten Reagenzien und der notwendigen technischen Ausrüstung relativ teuer – insbesondere, wenn man ein Bienenvolk auf mehrere Viren untersuchen möchte. Solche PCR-Tests werden daher eher in wissenschaftlichen Fragestellungen verwendet, wie zum Beispiel im Virenmonitoring von “Zukunft Biene 2”. Hier verwenden wir eine quantitative PCR, die nicht nur das Vorhandensein des Virus, sondern auch seine Konzentration in der Probe angibt (etwa in RNA-Kopien pro Milliliter). So kann man nicht nur nachweisen, ob ein Virus im Volk zu finden ist, sondern man bekommt auch Informationen darüber, wie viel Virus in einem Volk vorhanden ist. Diese quantitative Information ist für die Interpretation des Ergebnisses wichtig, da viele Bienenviren weit verbreitet sind.
Der Vorteil eines ELISA-Tests, der leider derzeit noch nicht zur Verfügung steht, liegt in der Einfachheit des Verfahrens und deutlich geringeren Kosten. Die, gegenüber der PCR, geringere Empfindlichkeit kann man akzeptieren, denn „kranke“ Bienenvölker weisen meist große Virusmengen auf. Andererseits bleibt der Test negativ, solange Virus nur in geringer Menge und ohne Erkrankungssymptome in den Bienen vorkommt. Für diagnostische Zwecke ist ein ELISA daher sinnvoll einsetzbar, zumal sich das Verfahren auch für eine „Vor Ort“-Diagnose eignen würde.
Im Modul V des Projekts „Zukunft Biene 2“ wird derzeit am Institut für Virologie der Veterinärmedizinischen Universität Wien an der Entwicklung von ELISAs für drei relevante Bienenviren (DWV, SBV und ABPV) gearbeitet. Ziel ist es, später ein flächendeckendes, schnelles und günstiges Screening auf diese drei Bienenviren mittels ELISA anbieten zu können.
Von der Bienenprobe zum Analyseergebnis
Der Beginn ist bei beiden Testverfahren ident: Es werden etwa 10 bis 50 Bienen oder Bienenlarven benötigt. Die zu testenden Bienen werden mit etwas Flüssigkeit gemischt und mechanisch zerkleinert (siehe Abbildung 1).
Bei der PCR wird die genetische Erbinformation des jeweiligen Virus in der Probe nachgewiesen. Dafür muss diese Erbinformation zunächst aus der Probe herausgereinigt werden. Dann werden die gereinigte Probe, eine Puffersubstanz, ein Enzym, welches die genetische Erbinformation vermehren kann, sowie kurze, künstlich hergestellte DNA-Stücke, die sogenannten Primer und Sonden, in einem kleinen Reagenzröhrchen gemischt. Primer und Sonden binden bei Vorhandensein von viralem Genmaterial in der Probe daran und machen dieses durch Vermehrung und z.B. durch Aussendung eines Lichtsignals sichtbar. Je früher im Verlauf des Tests dieses Lichtsignal nachgewiesen werden kann, umso mehr Virus war in der Probe vorhanden (siehe Abbildung 2).
Der ELISA-Test weist Eiweißbausteine nach, aus denen sich ein Virus zusammensetzt. Voraussetzung dafür sind spezifische Antikörper aus immunisierten Mäusen, die das jeweilige, in den Proben vorkommende, Bienenvirus „fangen“ und anschließend biochemisch nachweisen. Es gibt verschiedene Formate, je nachdem ob man viele Proben oder nur Einzelproben bearbeiten möchte. Auch der bekannte Schwangerschaftstest beruht auf einem ähnlichen Verfahren (siehe Abbildung 3).
Zusammenfassung
Unsere Projektergebnisse demonstrieren (wie hier nachzulesen), dass Bienenviren in Österreich weiter verbreitet sind, als erwartet. Es ist stark anzunehmen, dass auf jedem Bienenstand zumindest ein oder zwei der häufigen Viren nachzuweisen sind. Doch erst, wenn die Viruslast hoch ist, kommt es zu Problemen im Volk. Daher reicht eine ja/nein Antwort beim Virusnachweis oft nicht aus, um die Befallsstärke zu bestimmen und Prognosen über die Heilung abzugeben. Hierfür ist die Bestimmung der Viruskonzentration hilfreich, wie es mit der quantitativen PCR gemacht wird. In Zukunft sollen auch die im Projekt entwickelten ELISAs helfen, eine Viruserkrankung nachzuweisen.
Dies ist eine nachträgliche Online-Publikation von Teilen eines Artikels, der zum ersten Mal in der Imkereizeitschrift Bienen Aktuell im Jahr 2020, Ausgabe Juli/August unter dem Titel “Bienenviren und ihre Erforschung in Österreich (Projekt „Zukunft Biene 2“)” publiziert wurde.